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Rundbrief  - Marktähnlicher Wettbewerb im gesamten Gesundheitswesen

Im heutigen Rundbrief wollen wir das Blickfeld des letzten erweitern und darstellen, was die Einführung eines ruinösen Wettbewerbs in anderen Bereichen des Gesundheitswesens bewirkt hat.

 Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen

Vor gut 20 Jahren wurde auch den gesetzlichen Krankenversicherungen die Auflage gemacht, untereinander  in einen Wettbewerb einzutreten. Sie sollen sich seither über lukrative Angebote und die Höhe des Beitrags gegenseitig Mitglieder abwerben und dabei die Kosten senken. Letzteres hat aber nicht funktioniert, weil jetzt Krankenversicherungen wie Großkonzerne agieren: Sponsoring von Fußballvereinen und hochbezahltes Management, wo vorher Verwaltungsbeamte ihren Dienst versahen. Um dennoch die Mitgliederbeiträge stabil zu halten, wurden zahllose Kundenberater eingespart. Dieses eklatante Manko hat dann auch die Bundesregierung bemerkt und ein entsprechendes Förderprogramm aufgelegt. DAK-Chef Herbert Rebscher:“ "Jetzt bauen wir staatlich wieder auf, was man uns gezwungen hat, aus vermeintlicher, falscher Betonung des Preiswettbewerbes abzubauen. Das ist ein Treppenwitz der Sozialgeschichte." Um Mitglieder zu werben, bieten jetzt fast alle Kassen Zusatzleistungen wie das Hautkrebs-Screening an. Bei Fachleuten ist das aber höchst umstritten. Dennoch bietet die DAK das Screening an. "Ich fühle mich da ausdrücklich nicht wohl. Und zwar, weil wir da Getriebene eines fehlgeleiteten Preiswettbewerbs sind.", so der Chef der DAK

Ist dieser Wettbewerb also sinnlos? Nein. Er führt zur Übernahme kleinerer durch die großen Krankenkassen. Und die agieren bereits wie die privaten Krankenversicherungen.

 Wettbewerb der Pflegedienste

Seit der rot-grünen Regierung Gerhard Schröders stehen auch die mobilen Pflege- und Altenpflegedienste im Wettbewerb. Die seither üblichen Ausschreibungen kennen im Wesentlichen nur ein Kriterium: Den Preis. Der siegreiche Betreiber bietet die niedrigsten Löhne jenseits der Tarife, die optimale Verdichtung der Arbeit und damit die Minimierung der Zeit mit den Pflegebedürftigen. Auch hier stellte die Bundesregierung bald fest, dass die Qualität der Pflege litt. Also führte man 2009 ein Bewertungssystem ein. Seither ist die entsprechende Zertifizierung ein  Hauptanliegen der ambulanten Pflegedienste und Pflegeheime. Doch die damit verbundene Dokumentationspflicht vermindert die ohnehin sehr knappe Pflegezeit noch mehr – Füttern, Haare waschen, zum WC begleiten ist da kaum noch drin.

Schon bald hatten die Pflegedienste und Pflegeheime eine Durchschnittsnote von 1,3 – der Tod jeden Rankings. Jetzt soll ein neues, noch komplexeres Bewertungssystem Rankings wieder möglich machen. Die Krake des Dokumentationsaufwands wird so noch weiter wachsen. Und für die Pflegebedürftigen bleibt bestens zertifiziert noch weniger Zeit.

 Die Gier als Menschenbild

Das Gesundheitswesen ist eigentlich in wesentlichen Teilen für den freien Markt unzugänglich. Der Kranke kann nicht das günstigste Krankenhaus wählen, und der Preis der Behandlung ist kein Marktpreis. Für solche Bereiche empfehlen Expertengremien seit den 90er Jahren, Wettbewerbe zu inszenieren - Wettbewerbe um politisch festgelegte finanzielle Ziele. Wer diese am effektivsten erfüllt, dem winkt Gewinn, den anderen Not. Der eigentliche Sinn der Arbeit, im Gesundheitswesen die Gesundung und Pflege von Patienten, gerät so zur Nebensache. Ein Arzt rät nun auch mal zu einer Operation, nur damit das Budget stimmt. Doch wie kann ich ihm dann noch vertrauen? Seit Jahrtausenden galt das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient als die Grundlage jeden Heilerfolgs. Das Menschenbild des Wettbewerbs, „Zuckerbrot und Peitsche“, zerstört jedes Vertrauen zu PflegerInnen und ÄrztInnen.

 Klima der Angst

In Kliniken wird das Vertrauensverhältnis zusätzlich dadurch belastet, dass die nicht medizinischen Dienste ausgesourct wurden. So gehören etwa der klinikinterne Transport, die Sterilisationsabteilung und der Bluttransport jeweils einer anderen Firma an. Dennoch müssen sie z.B. bei einer Operation alle die Akte des Patienten kennen. Datenschutz ist hier ein Fremdwort. Und wenn dann einer in einem privatisierten Haus es wagt, solche Zustände zu kritisieren, dann wird die Kritik im besten Fall missachtet. Meist wird selbst ein Chefarzt in rüdester Art zurechtgewiesen und mit Folgen bedroht, vor allem wenn er die ihm vorgelegten Zahlen über zu erzielende Renditen, Anzahl der Fälle und deren Fallschwere nicht erreicht. Dabei erleben die weniger Skrupellosen größte ethische Konflikte: Muss heute noch ein „Fall“ großzügig umgemünzt werden in eine Operationsindikation? Muss ich nicht doch noch eine als Informationsveranstaltung getarnte Werbeaktion für niedergelassene Ärzte machen, damit sie mehr Patienten schicken?

 Die Perversionen des Wettbewerbs

Dass durch den im Gesundheitswesen inszenierten Wettbewerb Kosten gespart werden, davon spricht inzwischen niemand mehr, weil das offensichtlich nicht der Fall ist. Und auch die qualitativen Mängel der Behandlung und Pflege werden kaum noch bestritten. Nun versucht man das Übel mit Nachbesserungen einzugrenzen: Krankenhäuser lassen sich ein Qualitätsmanagement nach ISO 9001 zertifizieren, die Kliniken werden von sog. Medizincontrollern bevölkert, in der ambulanten und stationäre Pflege jagt ein Qualitätssicherungsgesetz das andere, im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen soll es ein Risikostrukturausgleich richten. Doch all diese Versuche verschlimmbessern das Problem nur. Die Krake der Bürokratie wächst weiter auf Kosten der Arbeit mit den Patienten. Jedes Ranking und jede Qualitätssicherung täuschen nur darüber hinweg, dass sie nichts Gesichertes aussagen und dass Behandlung und Pflege der Patienten dadurch nur weiter leiden.

 Sinn und Unsinn des marktgerechten Wettbewerbs

Der in allen Bereichen des Gesundheitswesens inszenierte Wettbewerb hat alles teurer gemacht. Während er Beschäftigten Stress und Sinnentleerung ihrer Arbeit beschert, setzt er die Patienten Unsicherheit, Gefahren und mangelndem Beistand aus – Eine vernichtende Bilanz! Aber sinnlos ist dieser Wettbewerb natürlich nicht: Er ermöglicht es, dass sich privates Kapital in diesem solidarisch finanzierten Wirtschaftssektor ausbreitet. Etwa 320 Mrd. EURO werden hier pro Jahr umgesetzt - fast so viel wie im Bundeshaushalt. So gelingt es privatem Kapital, sich einen immer größeren Anteil dieses Kuchens einzuverleiben und dabei Renditewerte zu erzielen von 12-15% - Werte, die vor der Finanzkrise im Bankensektor üblich waren.

 Der wahnsinnige Wettbewerb im Gesundheitswesen muss beendet werden

Schauen wir nicht länger zu, wie das Gesundheitswesen für Patienten und Beschäftigte zum Gefahrengebiet wird.  Der  Film „Der marktgerechte Mensch“ wird das Augenmerk auch auf diesen zentralen Zusammenhang lenken.

 Ihr „Der marktgerechte Patient“ - Filmteam
Leslie Franke und Herdolor Lorenz

 

   

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