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Rundbrief  - Covid-19-Pandemie und wenn sich alles kapitalistisch rechnen muss – Der Film DER MARKTGERECHTE PATIENT

Covid-19 ist gefährlich. Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Infektion zu sterben, liegt lt. Statistik jedenfalls im Median bei etwa dem Zehnfachen des gewöhnlichen Influenza-Virus. Am gefährlichsten ist aber, dass sich offensichtlich kaum jemand um die Ursachen der Pandemie kümmert. Die Frage, warum in jüngster Zeit immer mehr und immer häufiger Viren wie Ebola, Zika, Sars, Corona, Gelbfieber, Vogelgrippe und die afrikanische Schweinepest auftauchen und die ganze Welt bedrohen, wird weitgehend ignoriert.

Eine Antwort ist sicher, dass das globale Reisenetzwerk bis zum Ausbruch der Pandemie auf Rekordniveau war. Doch die eigentliche Gefahr jedes neuen Ausbruchs ist die industrielle Landwirtschaft und Viehzucht. Die damit verbundenen großen Kapitalströme multinationaler Unternehmen erobern in unseren Tagen die letzten Urwälder und die letzten von Kleinbauern bewirtschafteten Flächen. Die Vielfalt und Komplexität riesiger Landflächen wird Tag für Tag vereinheitlicht. Zuvor in immunen Lebensgemeinschaften eingeschlossene Krankheitserreger übertragen sich so auf die neu angesiedelte Viehzucht und die beteiligten Menschen. Derart gelangen die „eroberten“ Erreger aus entlegensten Gegenden in Stadtrandbezirke und von da ins globale Reisenetz.

Weltweit expandiert zudem im industriellen Maßstab der Handel mit Wildnahrungsmitteln und Wildtieren. Wo sich die industrielle Landwirtschaft zunehmend auf Urwälder ausdehnt, erhöht sich der Druck auf diese Wildnahrungsindustrie, immer weiter in die Wälder vorzudringen und dort Ursprungspopulationen auszubeuten – eine perfekte Schnittstelle zu neuen Krankheitserregern. Die weltweit erste Infektion mit Covid-19 wurde dann auch zu der Wildtierabteilung des Hunan-Grossmarkts in Wuhan zurückverfolgt.

Wenn wir nicht der rücksichtslos nach Rentabilität und Wachstum lechzenden Agrarindustrie das Handwerk legen, wird Covid-19 mit Sicherheit nicht die letzte Pandemie, die uns lähmt! Warum ist das noch immer erlaubt angesichts der globalen Folgen? Und es ist ja auch dieselbe gnadenlos die Natur verwertende industrielle Landwirtschaft, die uns eine mangelnde Immunabwehr beschert. Durch dieses nur am Größer und Mehr orientierte System erstirbt Tag für Tag und Stund um Stund die Artenvielfalt unserer Tiere und Pflanzen. Das schadet auch unserer Gesundheit. Seit sich diese Lebensgrundlage der Menschen auch noch kapitalistisch rechnen muss, sind unsere Krankenhäuser schon im Normalzustand an ihren Grenzen der Aufnahmefähigkeit von Patient*innen, sind Pflegekräfte an den Grenzen ihrer Arbeitsbelastung. „Der Markt wird’s schon richten“, das sollen wir glauben. Auch dann noch, wenn wir uns bei Pandemien wie Covid-19 auf das krank gesparte Krankenhaus verlassen müssen. Der Film „Der marktgerechte Patient“ gibt Ihnen einen Eindruck davon.

Lassen Sie sich nicht von der Angst zermürben! Wer die Ursachen seiner Zwangslage versteht, wird handlungsfähig!

Auch wir fühlten uns zunächst gelähmt. Die Kinos geschlossen, auch andere Filmveranstaltungen – Fehlanzeige! Aber mittlerweile haben wir eine andere Möglichkeit gefunden: „Der marktgerechte Patient“ kann über Vimeo gestreamt werden. Die anschließende Diskussion dazu kann dann über eine der vielen Videokonferenzplattformen laufen.

Pandemie muss nicht Stillstand bedeuten.

  • Sprechen Sie uns an, wenn Sie die Idee einer Webveranstaltung Schreiben Sie ein mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
  • Verbreiten Sie jetzt vor allem den Film „Der marktgerechte Patient

Rundbrief  - Gesundheit ist keine Ware

Keine Zeit

Bei unseren Dreharbeiten in deutschen Klinken haben wir hautnah erlebt, was es bedeutet, wenn alle Beschäftigten unter einem ungeheuren Druck stehen, die Kosten im Preisrahmen der Fallpauschalen zu halten und Patienten sich nur noch wie eine Ware vorkommen, die von einer Abteilung in die nächste geschoben werden.  Für Zuhören und ein Gespräch bleibt in der Regel keine Zeit. Ein halber Satz und schon ist der Patient in der Röhre, das ist im System der Fallpauschalen das Optimum. Dies ignoriert völlig einen Kernsatz der Humanmedizin:

 Das Arzt-Patient-Verhältnis steht im Mittelpunkt des Heilungsprozesses

Ein Beispiel dafür sind schon die  Erfahrungen des US-amerikanischen Internisten Dr. Wulf in den 60er Jahren. Einer seiner Patienten hatte schwerste Asthma-Anfälle. Ein Medikament dagegen war noch im Forschungsstadium. Dennoch bat Dr. Wulf um ein Muster davon. Und tatsächlich waren damit die Symptome des Patienten wie weggeblasen. Um das Ergebnis zu überprüfen, gab er dem Patienten anschließend ein Placebo. Darauf folgten wieder Rückfälle. Aber mit dem Muster des neuen Medikaments war es sofort wieder gut. So schrieb Dr. Wulf dem Labor, die Wirksamkeit des Musters sei bewiesen. Das Labor antwortete aber, auch das Muster sei ein Placebo gewesen. Offensichtlich hatte also nicht das Medikament, sondern die Hoffnung Dr. Wulfs auf die Wirksamkeit den Patienten von den Asthma-Anfällen befreit. Umgekehrt hatte das Wissen des Arztes von der Nichtwirksamkeit des Placebos die erneuten Anfälle provoziert.

 Wie kann vertrauensvolle Hoffnung heilende Wirkung haben

Auch bei Parkinson-Patienten weiß man schon länger, dass die vertrauensvolle Erwartung des Patienten auf Hilfe das Medikament ersetzen kann. Ein Forscherteam aus Vancouver fragte sich, wie diese Erwartung real biochemische Wirkung entfalten kann. Normalerweise hilft ein Medikament, das die gestörte körpereigene Dopamin-Produktion wieder anregt. Jetzt visualisierten die Forscher den Moment, wenn das Medikament durch ein Placebo ersetzt wird in einem bildgebenden Verfahren. So konnten sie beweisen, dass  dabei die vertrauensvolle Erwartung die körpereigene Dopamin-Produktion real verstärkt.

 Die Hoffnung und das Wissen um Hilfe aktivieren die Selbstheilungskräfte.

Dies alles sind keine seltenen Ausnahmen. Ein Beispiel ist auch die Organtransplantation. Dafür  muss mit einer wochenlangen Chemotherapie die Immunabwehr des Patienten reduziert werden. An der Uni-Klinik Essen wird die Chemotherapie wegen der Nebenwirkungen durch ein Placebo ersetzt. Die Immunabwehr sinkt dann genauso wie bei der Chemotherapie. Immer dasselbe: Wer glaubwürdig das Gefühl hat, es wird geholfen, dem wachsen Selbstheilungskräfte. Auch wenn Medikamente und Operationen in der Regel unumgänglich sind,  hängt die Heilung wesentlich davon ab, welches Verständnis Ärzte und Pfleger aufbringen. Wie Gespräche  geführt werden, in welcher Umgebung sie stattfinden. Wenn der Patient spürt, dass sie schon ganz andere Fälle erlebt haben. Wenn Ärzte und Pfleger souverän bleiben und nicht gleichgültig werden, kann der Patient Vertrauen und Hoffnung entwickeln.

 Gesundheit ist keine Ware

Doch in den deutschen Krankenhäusern, wo zunehmend nur noch um Profite geht und Beschäftigte soweit ausgedünnt werden, dass der Ausnahmezustand Alltag ist, sind menschenwürdige Verhältnisse für Patienten eine Illusion und bleiben auf Ausnahmen beschränkt, wenn Pflegerinnen, Therapeuten und Ärzte sich selbst ausbeuten. Schauen wir nicht länger zu, wie Krankenhäuser für Patienten und Beschäftigte zum Gefahrengebiet werden.  Denn: Eine andere, eine humane Medizin in Krankenhäusern ist möglich!


Rundbrief  - Marktähnlicher Wettbewerb im gesamten Gesundheitswesen

Im heutigen Rundbrief wollen wir das Blickfeld des letzten erweitern und darstellen, was die Einführung eines ruinösen Wettbewerbs in anderen Bereichen des Gesundheitswesens bewirkt hat.

 Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen

Vor gut 20 Jahren wurde auch den gesetzlichen Krankenversicherungen die Auflage gemacht, untereinander  in einen Wettbewerb einzutreten. Sie sollen sich seither über lukrative Angebote und die Höhe des Beitrags gegenseitig Mitglieder abwerben und dabei die Kosten senken. Letzteres hat aber nicht funktioniert, weil jetzt Krankenversicherungen wie Großkonzerne agieren: Sponsoring von Fußballvereinen und hochbezahltes Management, wo vorher Verwaltungsbeamte ihren Dienst versahen. Um dennoch die Mitgliederbeiträge stabil zu halten, wurden zahllose Kundenberater eingespart. Dieses eklatante Manko hat dann auch die Bundesregierung bemerkt und ein entsprechendes Förderprogramm aufgelegt. DAK-Chef Herbert Rebscher:“ "Jetzt bauen wir staatlich wieder auf, was man uns gezwungen hat, aus vermeintlicher, falscher Betonung des Preiswettbewerbes abzubauen. Das ist ein Treppenwitz der Sozialgeschichte." Um Mitglieder zu werben, bieten jetzt fast alle Kassen Zusatzleistungen wie das Hautkrebs-Screening an. Bei Fachleuten ist das aber höchst umstritten. Dennoch bietet die DAK das Screening an. "Ich fühle mich da ausdrücklich nicht wohl. Und zwar, weil wir da Getriebene eines fehlgeleiteten Preiswettbewerbs sind.", so der Chef der DAK

Ist dieser Wettbewerb also sinnlos? Nein. Er führt zur Übernahme kleinerer durch die großen Krankenkassen. Und die agieren bereits wie die privaten Krankenversicherungen.

 Wettbewerb der Pflegedienste

Seit der rot-grünen Regierung Gerhard Schröders stehen auch die mobilen Pflege- und Altenpflegedienste im Wettbewerb. Die seither üblichen Ausschreibungen kennen im Wesentlichen nur ein Kriterium: Den Preis. Der siegreiche Betreiber bietet die niedrigsten Löhne jenseits der Tarife, die optimale Verdichtung der Arbeit und damit die Minimierung der Zeit mit den Pflegebedürftigen. Auch hier stellte die Bundesregierung bald fest, dass die Qualität der Pflege litt. Also führte man 2009 ein Bewertungssystem ein. Seither ist die entsprechende Zertifizierung ein  Hauptanliegen der ambulanten Pflegedienste und Pflegeheime. Doch die damit verbundene Dokumentationspflicht vermindert die ohnehin sehr knappe Pflegezeit noch mehr – Füttern, Haare waschen, zum WC begleiten ist da kaum noch drin.

Schon bald hatten die Pflegedienste und Pflegeheime eine Durchschnittsnote von 1,3 – der Tod jeden Rankings. Jetzt soll ein neues, noch komplexeres Bewertungssystem Rankings wieder möglich machen. Die Krake des Dokumentationsaufwands wird so noch weiter wachsen. Und für die Pflegebedürftigen bleibt bestens zertifiziert noch weniger Zeit.

 Die Gier als Menschenbild

Das Gesundheitswesen ist eigentlich in wesentlichen Teilen für den freien Markt unzugänglich. Der Kranke kann nicht das günstigste Krankenhaus wählen, und der Preis der Behandlung ist kein Marktpreis. Für solche Bereiche empfehlen Expertengremien seit den 90er Jahren, Wettbewerbe zu inszenieren - Wettbewerbe um politisch festgelegte finanzielle Ziele. Wer diese am effektivsten erfüllt, dem winkt Gewinn, den anderen Not. Der eigentliche Sinn der Arbeit, im Gesundheitswesen die Gesundung und Pflege von Patienten, gerät so zur Nebensache. Ein Arzt rät nun auch mal zu einer Operation, nur damit das Budget stimmt. Doch wie kann ich ihm dann noch vertrauen? Seit Jahrtausenden galt das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient als die Grundlage jeden Heilerfolgs. Das Menschenbild des Wettbewerbs, „Zuckerbrot und Peitsche“, zerstört jedes Vertrauen zu PflegerInnen und ÄrztInnen.

 Klima der Angst

In Kliniken wird das Vertrauensverhältnis zusätzlich dadurch belastet, dass die nicht medizinischen Dienste ausgesourct wurden. So gehören etwa der klinikinterne Transport, die Sterilisationsabteilung und der Bluttransport jeweils einer anderen Firma an. Dennoch müssen sie z.B. bei einer Operation alle die Akte des Patienten kennen. Datenschutz ist hier ein Fremdwort. Und wenn dann einer in einem privatisierten Haus es wagt, solche Zustände zu kritisieren, dann wird die Kritik im besten Fall missachtet. Meist wird selbst ein Chefarzt in rüdester Art zurechtgewiesen und mit Folgen bedroht, vor allem wenn er die ihm vorgelegten Zahlen über zu erzielende Renditen, Anzahl der Fälle und deren Fallschwere nicht erreicht. Dabei erleben die weniger Skrupellosen größte ethische Konflikte: Muss heute noch ein „Fall“ großzügig umgemünzt werden in eine Operationsindikation? Muss ich nicht doch noch eine als Informationsveranstaltung getarnte Werbeaktion für niedergelassene Ärzte machen, damit sie mehr Patienten schicken?

 Die Perversionen des Wettbewerbs

Dass durch den im Gesundheitswesen inszenierten Wettbewerb Kosten gespart werden, davon spricht inzwischen niemand mehr, weil das offensichtlich nicht der Fall ist. Und auch die qualitativen Mängel der Behandlung und Pflege werden kaum noch bestritten. Nun versucht man das Übel mit Nachbesserungen einzugrenzen: Krankenhäuser lassen sich ein Qualitätsmanagement nach ISO 9001 zertifizieren, die Kliniken werden von sog. Medizincontrollern bevölkert, in der ambulanten und stationäre Pflege jagt ein Qualitätssicherungsgesetz das andere, im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen soll es ein Risikostrukturausgleich richten. Doch all diese Versuche verschlimmbessern das Problem nur. Die Krake der Bürokratie wächst weiter auf Kosten der Arbeit mit den Patienten. Jedes Ranking und jede Qualitätssicherung täuschen nur darüber hinweg, dass sie nichts Gesichertes aussagen und dass Behandlung und Pflege der Patienten dadurch nur weiter leiden.

 Sinn und Unsinn des marktgerechten Wettbewerbs

Der in allen Bereichen des Gesundheitswesens inszenierte Wettbewerb hat alles teurer gemacht. Während er Beschäftigten Stress und Sinnentleerung ihrer Arbeit beschert, setzt er die Patienten Unsicherheit, Gefahren und mangelndem Beistand aus – Eine vernichtende Bilanz! Aber sinnlos ist dieser Wettbewerb natürlich nicht: Er ermöglicht es, dass sich privates Kapital in diesem solidarisch finanzierten Wirtschaftssektor ausbreitet. Etwa 320 Mrd. EURO werden hier pro Jahr umgesetzt - fast so viel wie im Bundeshaushalt. So gelingt es privatem Kapital, sich einen immer größeren Anteil dieses Kuchens einzuverleiben und dabei Renditewerte zu erzielen von 12-15% - Werte, die vor der Finanzkrise im Bankensektor üblich waren.

 Der wahnsinnige Wettbewerb im Gesundheitswesen muss beendet werden

Schauen wir nicht länger zu, wie das Gesundheitswesen für Patienten und Beschäftigte zum Gefahrengebiet wird.  Der  Film „Der marktgerechte Mensch“ wird das Augenmerk auch auf diesen zentralen Zusammenhang lenken.

 Ihr „Der marktgerechte Patient“ - Filmteam
Leslie Franke und Herdolor Lorenz

 


Rundbrief  - Die Misere marktgerechter Kliniken

Kürzlich hat „Der Spiegel“ mit zwei gut recherchierten Berichten über die Misere deutscher Krankenhäuser berichtet. Seit der Titelgeschichte „Der kranke Konzern“ geistert über die dort beschriebene Asklepios-Klinik Hamburg St. Georg der Begriff „die Skandalklinik“ herum. Doch das ist ein Missverständnis. Denn letztlich spiegelt der Spiegel-Artikel nur die Oberfläche einer Misere, die die meisten deutschen Kliniken heute beherrscht.

Erlös wichtiger als die Behandlung

Diese Misere nahm 2003 ihren Anfang mit einem neuen Vergütungssystem für deutsche Krankenhäuser, der Abrechnung nach Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRGs). Dem gab der damalige Präsident der Bundesärztekammer Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe den Titel „Der Mensch als Verlierer“. Ab jetzt, meinte er, werde in Kliniken „nicht mehr der kranke Mensch und sein individuelles Schicksal, sondern der Erlös aus der Behandlung des Patienten im Vordergrund stehen.“ Die Krankenhäuser erhalten seither für die Behandlung einen fixen, für die jeweilige Krankheit spezifizierten Preis. Jede Klinik bekommt für die Behandlung z.B. einer Lungenentzündung das gleiche Geld und ist damit in einen marktgerechten Krankenhauswettbewerb getrieben. Schafft es die Klinik, die Behandlung billiger zu machen als der erstattete Preis, erwirtschaftet sie Gewinn. Schafft sie es nicht, weil sie teurer ist, muss sie schließen oder wird von Privaten übernommen.

 Der Schlüssel für die Privatisierung

Seither sind private Krankenhauskonzerne im Vormarsch. Zunächst vornehmlich als Rosinenpickerei. Private übernahmen Kliniken, in denen sie sich auf lukrative Behandlungen konzentrieren, mit denen einerseits ein guter Preis zu erzielen ist und andererseits durch „Massenproduktion am Fließband“ Kosten reduziert werden können. Z.B. gibt es für eine sog. non invasive Herzklappenoperation (über eine Vene in der Leiste) 33.600 €. Vor allem Private steigerten die Anzahl dieser riskanten Behandlung  in nur 6 Jahren (von 2008 bis 2014) um 2180 Prozent. Da muss doch die Frage erlaubt sein, was motiviert Ärzte zu einer derart radikalen Ausweitung: Das Wohl der Patienten oder ökonomische Erwägungen?

 Öffentliche Krankenhäuser

der Grundversorgung haben es da schwerer. Sie müssen auf alle Eventualitäten und Notfallbehandlungen vorbereitet sein. Für die Behandlung einer Notaufnahme gibt es 30 € - auf jeden Fall ein Zuschussgeschäft! Um dennoch zu überleben, haben auch Öffentliche den größten Kostenfaktor, die Personalkosten, radikal reduziert! Ob öffentlich oder privat, das Bild ist seither einheitlich: Sog. „patientenferne“ Arbeitskräfte, der klinikinterne Krankentransport, die Sterilisationsabteilung, der Bluttransport, die Therapeuten und Putzkräfte sind mit tariflosen und prekären Löhnen ausgesourct. Die Zahl Pflegekräfte wurde radikal reduziert. Fast alle klagen, nur noch erschöpft, überarbeitet und ausgelaugt zu sein. Die wenigsten halten das länger aus, die meisten „überleben“ nur mit starker Stundenreduzierung und damit verbundenem Lohnverlust.

 Das war nicht immer so

Viele der heutigen Krankenhäuser wurden in den 1960er – 1990er Jahren errichtet. Ziel war es damals, dem Sozialstaatsgebot entsprechend, eine hochwertige Gesundheitsversorgung in der Fläche sicherzustellen. Dabei war es gesellschaftlicher Konsens, dass politisch Verantwortliche mit den Krankenhäuser ihrer Verpflichtung zur Daseinsvorsorge nachkommen, dass die Kliniken eine soziale Funktion haben und nicht dem Markt unterworfen sind. Erbaut und erhalten wurden sie mit Steuergeldern. Die Behandlung der Patienten bezahlten die gesetzlichen Krankenkassen nach dem Prinzip der Selbstkostendeckung.

 Die angebliche Kostenexplosion

Doch seit den 90er Jahren war plötzlich von einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen die Rede. Unternehmen monierten die Belastung durch das stete Steigen des Krankenkassen-Beiträge. Sind die Gesundheitskosten aber wirklich explodiert? Betrachtet man sie im Verhältnis zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, so stagnieren sie seit Jahrzehnten bei ca. 6,5%. Aber warum dann steigende Beiträge? Sie werden aus der Lohnsumme bezahlt. Die Lohnquote, der Prozentsatz der Lohneinkommen am Volkseinkommen, betrug 1982 noch 77%. Er sank bis 2007 auf 65%. Die Beschäftigten, die ihr Einkommen aus Lohn beziehen, haben 12% am gesamtwirtschaftlichen Kuchen verloren. Die Reichen haben mehr, die Beschäftigten weniger. Die Krankenkassenbeiträge, die aus der Lohnsumme bezahlt werden, musste daher um 12% steigen. Nur so konnten die Gesundheitsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gleich bleiben. Nein, nicht die Gesundheitskosten waren explodiert – eine große Lüge! Um im Bild zu bleiben: „nur“ die Löhne sind relativ implodiert!

 Doch die Lüge hatte einen Sinn

Die Krankenhäuser sollten marktgerecht, öffentliches Eigentum privatem Kapital einverleibt werden. Das an der Daseinsvorsorge orientierte Prinzip der Selbstkostenerstattung der Kliniken war zwar effektiv, kam fast ohne Bürokratie aus und wurde den Patienten gerecht. Doch nun wurde es schlecht geredet, es sei nicht effektiv und fördere überlange Liegezeiten. Dabei hatten die Krankenhäuser schon ganz ohne Markt die durchschnittliche Verweildauer von 1960 mit 28 Tagen auf 8 Tage in 2003 reduziert.

 Nach einem guten Jahrzehnt marktgerechter DRGs

ist die mittlere Verweildauer auf 6 Tage gesunken. Dafür sind aber die Fallzahlen stark gestiegen. Denn mit den DRGs kann man immer nur eine Hauptdiagnose behandeln, und für deren Behandlung wird stets die ökonomisch optimal kurze Liegezeit errechnet. So kommt es jetzt häufig zu sog. blutigen Entlassungen. Allerdings wird der entlassene Patient oft gleich am nächsten Tag mit einer anderen Diagnose wieder eingeliefert. Ein neuer Fall bringt neues Geld! Folgerichtig stiegen die Fallzahlen allein von 2005 bis 2013 um 12,9%! Durch die Konzentration auf viele, möglichst lukrative Fälle und den Ausschluss verlustbringender konnten die Privaten ihre Erlöse aus den DRGs um 106% steigern – öffentliche Kliniken um 20%.

 Marktgerecht ist teurer

„Asklepios-Klinik St. Georg seit 1897“, steht am Eingang des einstigen Allgemeinen Krankenhauses St. Georg. Den Beschäftigten reichen die 10 Jahre vollauf, seit Asklepios hier das Ruder übernahm und begann, mit Chefärzten Zielvereinbarungen zu treffen über die Steigerung der Fallzahlen, vor allem der schweren, lukrativen. Von der Einhaltung der Vereinbarung hängt z.T. das Gehalt ab. Auf jeden Fall droht dem Chefarzt bei Nichteinhaltung eine weitere Reduktion des Pflegepersonals.  Und sogar die Schließung wie bei der Abteilung für Allgemeine Innere Medizin geschehen. Niedrigpreisige Stoffwechselerkrankungen, Durchfall mit Fieber oder Diabetes brachten nicht genügend Gewinn. Jede einzelne Abteilung wird darauf getrimmt, mindestens 12% Gewinn einzufahren. So steigen die Fallzahlen und vor allem die gewinnbringenden. Und damit das Geld fließt, muss jeder Handgriff dokumentiert werden. Undokumentiert gibt es kein Geld. Seit der Einführung der DRGs verbringen Ärzte und Pfleger einen Großteil Ihrer Arbeitszeit mit der Dokumentation. Auch das führt dazu, dass für die Patienten kaum noch Zeit bleibt und die Krankenhauskosten nun tatsächlich beträchtlich gestiegen sind.

 Das geht uns alle an – jede/r von uns kann ernsthaft krank werden und dann erleben,

wie PflegerInnen fast nur noch in Hetze sind. So bleibt in Zeiten multiresistenter Krankenhauskeime auch Ärzten nicht genug Zeit, alle vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen umzusetzen. So wird z.B. das Stethoskop oft nicht desinfiziert beim Übergang zu einem anderen Patienten. Nach Recherchen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene sterben jährlich 40.000 Patienten an multiresistenten Keimen in den Krankenhäuser, auch weil diese als profitorientierte Wirtschaftsunternehmen geführt werden.

 Arme Klinken – reicher Konzern

Wer verzweifelten PflegerInnen und abgefertigten Patienten hohen Gewinne abringt, will sie nicht durch Steuern verlieren. 2015 setzte der Asklepios-Eigentümer Bernhard gr. Broermann  einen Teil dieser Gewinne in den Kauf des Hamburger Nobelhotel Atlantik um. „Asklepios“ war der griechischen Gott der Heilkunst, der von Zeus mit einem Blitz erschlagen wurde, weil dieser Angst hatte, dass durch Asklepios kein Mensch mehr sterben müsse. Hätte Zeus nur den modernen Asklepios gekannt. Aber eigentlich hätte Bernhard gr. Broermann seinen Konzern ja „Hermes“ nennen müssen, nach dem Gott der Händler und der Diebe.

 Die PflegerInnen in der Berliner Charité und im Saarland

haben bereits gezeigt, wie Gegenwehr ist: Der Kampf für einen Tarifvertrag Entlastung, für eine verbindliche Peronalbemessung ist auch gegen die marktgerechten DRGs gerichtet. Lassen wir sie nicht allein. Die Auseinandersetzung verdient die größte Öffentlichkeit. Auch der Film „Der marktgerechte Mensch“ wird dazu beitragen.

   

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